monkey.
VÖ AUT: 08.04.2010
MONCD065 (Digipack-CD)
Vertrieb: Hoanzl
Kontakt: monkey.
Schwarzromantische Songs, angezerrte Gitarren, sinistrer Witz: zunächst einmal ist „Häuserl am Oasch“ die Tonspur zu einem „Singspiel“ von und mit Ernst Molden. Das magisch-metaphysische Bühnenspektakel hat am 7. April 2010 im Wiener Rabenhof Theater Premiere. Sein eigentlicher Schauplatz ist der Wienerwald. Regie führt Thomas Gratzer, es spielen in Kulissen von Gudrun Kampl Koriphäen wie Michou Friesz, Ingrid Lang, Markus Kofler, Heribert Sasse, Gerald Votava, geschrieben und komponiert hat das Stück Ernst Molden. Er steht auch gemeinsam mit seiner Band auf der Bühne.
„Häuserl am Oasch“ ist aber auch ein eigenständiges, neues, höchst bemerkenswertes Opus des Singer/Songwriters Molden. Ein Album, das das Wurzelwerk zum Begriff „Album“ freilegt: eine Abfolge von Bildern, Szenen und Illustrationen zu versammeln, die einen Bogen ergeben und eine Geschichte erzählen. Hier paaren sich Rock’n’Roll und Volkssage. „Häuserl am Oasch“ greift uralte Mythen auf, scheinbar vergessene Theaterformen, Themen von zeitloser Aktualität. Der Plot: Im Restaurant Waldhaus, besser bekannt als "Häuserl am Oasch", erträgt der Wirt seine Stammgäste nicht mehr. Seine Tochter sucht den Richtigen. Im Wald geht ein bärtiger Freak um. Döblinger Witwen werden unruhig, die Polizei ist es schon. Das ewige Leben und die Liebe schlagen zu. Gibt es so etwas wie einen Naturzustand, ein ideales Leben, Erlösung, ein Leben nach dem Tod? Und eines davor?
„Häuserl am Oasch“, das Album, lässt uns – fernab des Bühnenspektakels – tief in einen absonderlichen Kosmos eindringen. „Wenn da Papa en Woed ged, na hod a an Grund“ heisst es in einem Song. „Und in de uaoidn Baam, scheban d’ uaoidn Traam“ in einem anderen, dem Titelstück. Wir schauen und schaudern. Und hören die Botschaft wohl: der Wienerwald hört nicht in Altlengbach auf, in Hainfeld oder gar in Kottingbrunn – der Wienerwald umschliesst diesen Planeten . Wie ein grosser, dunkler, schwerer Mantel, der das Etikett „Vergessen“ in sich trägt. Und doch gelegentlich gelüpft und gelüftet wird. Gut und gern von Ernst Molden.
Das „Singspiel für den Erdberger Boulevard“ (Eigendefinition des Autors) wird so ein rundes, mächtiges Hörspiel für den weiten Raum zwischen zwei Kopfhörer-Muscheln. Ein Zauberbaum fürs Eigenheim. Und es tut wohl, Walther Soykas leise grummelnder Knöpferlziehharmonika zu lauschen, der Fender Jaguar von Hannes Wirth, dem Kontrabass von Marlene Lacherstorfer und dem Beserlpark von Heinz Kittner. Zugleich erfrischt Moldens derbe, direkte Sprache – auch und vor allem im Kontrast zum Neo-Biedermeier der deutschen Post-Reinhard Mey-Schule, zuvorderst repräsentiert von Tocotronic, Blumfeld und Jochen Distelmeyer. Aber lassen wir das: im Wienerwald muß niemand „Let There Be Rock!“ schreien, um sich selbst Mut zu machen. Hier haust der Gevatter schon sehr, sehr lange. Und muß nur ab und an aus seiner Höhle gelockt werden.
(Walter Gröbchen)